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Heuuntersuchung-Basis bedarfsgerechter Pferdefütterung

Erfahrungsbericht

 

(Ulrike Jäpel August 2020)

 

 

 

Es gibt kaum ein Thema in der Pferdehaltung über das so viel diskutiert wird, wie über Fütterung. Dabei ist es eigentlich ganz einfach….eigentlich….

 

 

 

Jedes Pferd hat einen bestimmten Bedarf an Nährstoffen und Wirkstoffen, welcher natürlich von ganz vielen Faktoren abhängig ist: Leistung, Haltung, Klima, Gesundheit, Rasse usw. usw.

 

 

 

Trotz alledem hat man es geschafft auch für Pferde annähernd genaue Bedarfswerte zu ermitteln, welche man als Orientierung nutzen kann. Verantwortlich dafür ist die DLG (Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft), welche gemeinsam mit einer Reihe von Wissenschaftlern eine Vielzahl von Stoffwechseluntersuchungen gemacht hat, um statistisch abgesicherte Werte zu bekommen. Natürlich sind das immer Schätzwerte, aber sie geben eine Basis auf der man aufbauen kann.

 

 

 

In unserem Stall sind zum Beispiel 13 sehr verschiedene Pferde im Alter von 5-28 Jahren, Wallache und Stuten, bewegungsaktive Rassen und Energiesparmodelle, Gewichte zwischen 350- 700 kg… Natürlich hat jedes Pferd einen anderen Bedarf, den ich unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren ziemlich genau berechnen kann.

 

 

 

Viele schrecken vor diesem Aufwand zurück (weil es zu kompliziert und zu wissenschaftlich ist…) und vertrauen lieber der Futterindustrie oder Fütterungsberatern, indem sie versuchen ihr Pferd noch schöner, noch fitter, noch schneller zu füttern…. Wahre Wunderwerke werden da versprochen….. Dabei wird oft vergessen, dass auch eine Überversorgung krank machen kann, dass viele moderne Pferdefuttermittel Zusatzstoffe enthalten, welche das Pferd nicht braucht und welche zum Teil gar nicht auf seinem natürlichen Speiseplan stehen…  Ein gesundes Pferd brauch vor allem eine artgerechte gesunde Haltung, gesundes Training und eine bedarfsgerechte Ernährung.

 

 

 

Zurück zu unserer sehr gemischten Gruppe. Natürlich gibt es Wege das Ganze zu vereinfachen, vor allem wenn es, wie in unserem Fall, nicht um Hochleistungspferde, sondern Freizeitpferde geht. Ich setze grundsätzlich erstmal die Bedarfswerte für ein 500 kg schweres Reitpferd an. Damit habe ich eine Orientierung. Ich weiß dann, dass die großen oder sehr bewegungsaktiven Pferde etwas mehr brauchen und die kleinen oder die Energiesparmodelle etwas weniger. Das teile ich dann tatsächlich nach Augenmaß, abhängig vom Ernährungszustand des Pferdes, seiner Fitness und seiner Vorlieben zu. Diese Bedarfswerte findet ihr in der unten stehenden Tabelle (Quelle: DLG-Tabellen).

 

 

 

Okay, das Pferd hat also einen bestimmten Bedarf, aber wie decke ich den? Und hier sind wir jetzt beim eigentlichen Problem…. Jeder Fütterungsberater, welcher euch nicht nach dem Nährstoffgehalt des Grundfutters eurer Pferde fragt (Heu, Heulage, Stroh…) kann eigentlich kein Futtermittel seriös empfehlen….

 

Das Grundfutter (in unserem Stall Heu, Stroh und Zweige) ist die Hauptkomponente der Ration und ist tatsächlich sehr, sehr unterschiedlich, abhängig von Boden, Schnittzeitpunkt, Zusammensetzung, Einlagerung usw.usw.. Viele Regionen in Deutschland sind z.B. Selenmangelgebiete. Hier ist eine Zusatzversorgung dringend angeraten. Es gibt aber auch Regionen mit ausreichend Selen, wo eine pauschale Zufütterung sogar zu Vergiftungen durch Überversorgung führen kann.

 

 

 

Also, um an den Anfang zurückzukommen:  Ich stelle die Bedarfswerte meines Durchschnittpferdes den Inhaltsstoffen meines Heus gegenüber, schaue was dem Pferd fehlt und suche dann mit dieser Informationen mein passendes Zusatzfuttermittel und korrigiere entsprechend den Bedürfnissen des speziellen Pferdes nach Augenmaß …ganz einfach

 

 

 

Trotzdem lassen nur wenige Pferdebetriebe ihr Heu untersuchen…warum?

 

-zu teuer

 

-zu aufwendig

 

-ich habe ja mehrere Wiesen, das bringt nix…

 

 sind nur einige Argumente..

 

 

 

Hier unsere Erfahrungen:

 

-arbeitet mit den Laboren der Landwirtschaftsämter, die sind in der Regel günstiger

 

In Sachsen ist das zuständige Labor die LKS mbH in 09577 Niederwiesa, August Bebel Str.6. Nach Einschicken der Probe ist innerhalb von 4 Tagen das Ergebnis da..

 

Eine Vollanalyse kostet 20 Euro. Möchte man allerdings noch spezielle Mineralstoffe wissen, muss man weitere 30-60 Euro einplanen. Fruktanbestimmung kostet ca. 30 Euro mehr. Also wenn man es ganz genau wissen möchte können es auch schnell mal 100-150 Euro werden.

 

 

 

Das klingt vielleicht erstmal viel, aber wenn man bedenkt was in jedem Jahr für Geld für sinnlose Zusatzfuttermittel und andere Dinge ausgegeben wird und welche wichtige Information man dann in der Hand hat ist es wiederum günstig.

 

 

 

-auf der Webseite des LKS findet man eine genaue Anleitung zur Probennahme-nicht kompliziert…

 

 

 

-bei mehreren Wiesen kann man Mischproben machen, da die Wiesen einer Region bezüglich der Inhaltsstoffe doch sehr ähnlich sind

 

 

 

Wir haben in diesem Jahr zwei Proben eingesendet, welche ich im Folgenden zeige. Eine Mischprobe unserer Dauergrünlandwiesen und eine Mischprobe einer Neuansaat auf einer bisher konventionell mit Ackerbau bewirtschafteten Fläche, von der aber in diesem Jahr der Hauptteil unseres Futters kommt. Deshalb werde ich in der Auswertung auch hauptsächlich die Neuansaat zu Grunde legen.

 

Auswertungen Heuanalysen siehe Bilder.

 

 

 

 

Was sagt uns nun diese Auswertung?

 

Im oberen Teil findet Ihr erstmal eure Daten, welche Ihr bei Einschicken der Probe angegeben habt.

 

 

 

Dann komm der sensorische Befund. Farbe, Struktur, Geruch… die Dinge, die man auch im Stall selbst immer wieder testen kann, um Rückschlüsse auf die Heuqualität zu bekommen.

 

 

 

Der Trockensubstanzgehalt des Heus soll über 860g/kg liegen, damit es gut lagerfähig ist.

 

Rohasche ist der anorganische Bestandteil der Probe und weist auf Verschmutzungen, z.B. Staub hin. Ein wenig Staub ist immer, vor allem in so trockenen Jahren. Mit einem Wert von 50 g/ kg liegen wir da sehr gut. Das hängt vor allem mit einer nicht zu tiefen Einstellung des Mähwerkes zusammen…

 

 

 

Der reine Rohproteingehalt ist relativ gering, wobei entscheidend für die Pferdeernährung nur der Anteil dünndarmverdauliches Rohrotein ist (weiter unten auf dem Befund pcv), alles andere wird ausgeschieden.

 

 

 

Der Rohfasergehalt unseres Heus ist sehr gut mit 308 g/kg. Das sind 30% und regt die Pferde gut zum Kauen an. Begründet ist dieser Rohfasergehalt in unserem relativ späten Schnitt.

 

 

 

Der Rohfettgehalt trägt zum Energiegehalt unseres Futters bei. Er ist relativ gering, was bei unseren leichtfuttrigen Pferden durchaus positiv zu bewerten ist. Ein Mangel an ungesättigten Fettsäuren im Fellwechsel ist nicht zu erwarten, da wir in dieser Zeit Leinsamen als Kur zufüttern, welcher sehr reich an ungesättigten Fettsäuren, besonders Linolsäure ist.

 

 

 

Nicht wirklich zufrieden sind wir mit dem doch recht hohen Zuckergehalt. Grundsätzlich ist ein Zuckergehalt zwischen 80 und 100 Gramm/ kg optimal. Wir liegen leicht darüber… es ist also schon noch okay, wenn wir unsere Strategie der reduzierten Heufütterung (4 Stunden Heuraufe zu) und der Verdünnung mit Stroh und Zweigen beibehalten… Warum ist er nun so hoch, obwohl wir zuckerarme Gräser angesät haben… Nach Rücksprache mit dem LKS bestätigte sich die Vermutung, dass die große Trockenheit in diesem Jahr hier eine Rolle spielt. Die Pflanzen lagern Zucker als Energiespeicher ein. Wenn sie gut wachsen verteilt sich der Zucker und der Gehalt in einem Kilo ist relativ gering. Haben die Pflanzen Stress (Trockenheit) wachsen sie schlecht und die Zuckerkonzentration ist hoch. Tröstlich war es zu hören, dass alle Futterproben in diesem Jahr extrem hohe Zuckerwerte haben und wir da eher im unteren Bereich sind. Unsere Auswahl an Saatgut war also grundsätzlich schon richtigJ

 

 

 

Der Fruktangehalt macht grundsätzlich ca. 50% des Zuckers im Grünfutter aus. Trotzdem haben wir ihn in diesem Jahr extra testen lassen, um einfach mal den genauen Stand bezüglich der hufrehegefährdeten Pferde zu haben. Die Werte zeigen, dass die 50 % Regel stimmt und wir die 30 Euro für Fruktanbestimmung in Zukunft sparen könnenJ. Laut LKS sind alle Fruktanwerte unter 60 g/kg top, also alles gut…

 

 

 

Die nächsten zwei Werte spiegeln sich im Energiegehalt und Eiweißgehalt, welcher weiter unten zu finden ist, wieder und ich würde sie jetzt nicht ausführlich besprechen, ebenso nicht den DCAB Wert, welche vor allem für die Rinderfütterung im Hochleistungsbereich eine Rolle spielt (Anionen, Kationen-Verhältnis).

 

 

 

Die Mineralstoffe und Energie und Eiweiß werden in der folgenden Vergleichstabelle Bedarf zu Grundfutter besprochen.

 

 

 

In der Tabelle habe ich einmal den Wert je kg. Futtermitteltrockensubstanz ausgewiesen und diesen dann auf 10 kg Futtertrockensubstanz des Pferdes hochgerechnet. Bei freien Zugang zum Heu fressen die Pferde in der Regel mehr!

 

 

 

Übersicht Bedarfsdeckung Durchschnittspferd

 

 

 

Inhalts-

stoff

Durchschnitts- bedarf des Pferdes

(500 kg LM)

Je Tag

Gehalt in

1kg TS

(Heu)

Gehalt in

10 kg TS

(Heu)

Einschätzung, Bewertung

Kalium

15 g

15,4 g

154 g

Überschuss, wird ausgeschieden

Calcium

17-20 g

4,7g

47g

Überschuss, wird ausgeschieden

Phosphor

12-14 g

1,7 g

17 g

Überschuss, wird ausgeschieden

Natrium

10 g

1,6 g

16 g

Überschuss, wird ausgeschieden

Magnesium

6 g

1,8 g

18 g

Überschuss, wird ausgeschieden

Kupfer

106 mg

4,1 mg

41 mg

Mangel  Ausgleich durch Mineralfutter Vorsicht Gegenspieler Zink

Zink

423 mg

20 mg

200mg

Mangel  Ausgleich durch Mineralfutter Vorsicht Gegenspieler Kupfer

Eisen

423 mg

277mg

27,7g

Überschuss, wird ausgeschieden

Chlorid

40 g

7,4 g

74 g

Überschuss, wird ausgeschieden

Schwefel

9 g

1,7 g

17 g

Überschuss, wird ausgeschieden

Selen

1,1 mg

0,06mg

0,6mg

Mangel  Ausgleich durch Mineralfutter und Leinsamen

Umsetzbare

Energie

55 MJ

6,8 MJ

68 MJ

Überversorgung, Tierbeobachtung, bei Verfettung Heu reduzieren bzw. verdünnen

Dünndarm- verdauliches Rohprotein

317 g pcv

45,2 g pcv

452g pcv

Überversorgung, aber unproblematisch, da das Pferd das 3 fache seines Erhaltungsbedarfes toleriert

 

Die Heuanalyse zeigt uns also ganz konkrete wichtige Lücken in der Versorgung der Pferde bei reiner Heuversorgung auf. In unserem Stall müssen wir bei Zink, Kupfer und Selen nachbessern. Dafür haben wir eine Mineralstoffmischung von hipposport gewählt, die für den ökologischen Landbau zulässig ist und neben der Versorgung mit Vitaminen und anderen Wirkstoffen einen erhöhten Gehalt genau an diesen Mineralstoffen hat.

 

 

 

Unser Durchschnittspferd (Grosse etwas mehr, Kleine etwas weniger…) bekommt 100 g am Tag. Darin sind unter anderen 1,5 mg Selen, 100 mg Kupfer und 300 mg Zink enthalten.

 

 

 

Damit ist die Grundversorgung jedes Pferdes in unserem Betrieb sichergestellt und ich habe diese Sicherheit auch nachweisbar für jeden vorliegen.

 

 

 

Natürlich muss man auch berücksichtigen, dass nicht jedes Pferd die angebotenen Nährstoffe gleich verwertet und es kann sein, dass einem Pferd zur Unterstützung des Stoffwechsels (Fellwechsel, Atemwegsprobleme, Hufprobleme) z.B. ergänzende Kräuter gut tun. Das ist dann nach Augenmaß nachbesserbar. Aber nicht vergessen Augenmaß kommt von maßhalten…..  

 

 

 

Falls es Fragen zum vorliegenden Blogartikel gibt, kommt gern auf mich zu… J